Guten Tag, Belo Monte! Gute Nacht, Rio Xingu!
Autor : Erwin Kräutler, Bischof
am Xingu und Präsident des Indianermissionsrates (CIMI)
Immer habe ich darauf bestanden und es bekräftigt, dass Brasilien der Welt ein Beispiel der Sorgfalt in Bezug auf die Umwelt geben könnte und zur gleichen Zeit den Fortschritt bei der Suche nach alternativen Energiequellen wie Solar-und Windenergie aufweisen könnte. In Brasilien gibt es viele Universitäten, Forschungszentren und führende Wissenschaftler, die solche Alternativen erforschen. Jedoch fehlt es an größeren Anreizen, es auch zu tun. In unserem tropischen Amazonasraum hätten wir Solarstrom im Überfluss. In anderen Staaten, die nicht so mit den Strahlen der Sonne wie Brasilien gesegnet sind, wie z.B. Vereinigte Staaten und Deutschland, steigt der Anteil der Nutzung der Sonnenenergie jedes Jahr deutlich an. Es ist nicht meine Aufgabe den technischen Aspekt zu analysieren, aber ich bin überzeugt, dass der Amazonasraum mehr in solche Studien investieren sollte und dabei mittel- und langfristig sicherlich gute Ergebnissen erzielen würde .
In einem Artikel im Correio Braziliense vom 7. Mai (Guten Morgen, Belo Monte, S. 19), klagt der Ingenieur Nagib Charone mich an, die schönen Lehren von Christus nicht anzuwenden. Das wirft er mir leichtfertig vor. Er gehört in die Liste derer, die den Bischof von Xingu grundlos und auf niedrige Weise angreifen. Ich bedauere, dass ein Professor an der Universidade Federal von Pará (UFPA), Sohn von Altamira, zu solchen Exzessen böswilliger Kritik kommt. Ich hatte nie die Absicht, mich in technische Gespräche einzumischen. Was mir Sorge bei Belo Monte bereitet ist die Situation der Bevölkerung, die davon betroffen sein wird, wenn das Projekt ausgeführt wird.
Der große Bogen des Xingu wird auf einer Länge von 100 km eine Verminderung der Strömung und ein Absenken des Grundwasserspiegels erfahren, die mit verschiedenen biologischen und sozialen Folgen verbunden sind. Dieser Verlust an natürlichen Ressourcen und Wasserzufluss schädigt direkt die indigenen Völker. Mit dem Brustton der Überzeugung behauptet man, dass die indigenen Gebiete nicht überflutet werden. Das Gegenteil wird der Fall sein. Die indigenen Völker und die Uferbewohner werden vom Wasser abgeschnitten. Wie aber in der Trockenheit leben? Wovon sollen sie sich ernähren, wenn die Fischarten, die entlang dieser Strecke des Flusses leben, nicht ohne Strömung überleben? In anderen Worten, was sollen die Indigenen und Flussuferbewohner essen, wenn es keine Fische mehr gibt? Nur Maniokmehl?
Ein Drittel von Altamira wird überschwemmt. Zwischen 20.000 und 30.000 Menschen sind direkt betroffen. Die Mehrheit der Menschen lebt nicht auf Staken (wie manchmal in Brasilia behauptet wird), sondern in festen Häusern aus Holz oder Mauerwerk, die sie im Laufe der Jahre mit viel Schweiß und Opfer gebaut haben. Die meisten Menschen verfügen nicht über eine Eintragung beim Katasteramt. Was wird aus diesen Familien? Was ist ihre Zukunft? Wohin sollen sie ziehen? Regierungsbeamte haben mir diese Frage immer noch nicht beantwortet. Dies führt bei mir zu Albträumen, weil mir diese Leute nicht bloße statistische Zahlen sind, sondern Frauen, Männer, Kinder, ältere Menschen, die ich kenne.
Was bleibt von der Stadt Altamira, wenn das Projekt fertig ist, sie wird eine Halbinsel, die teilweise durch einen stagnierenden, faulenden, toten See umgeben sein wird. Das Brasilianische Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IBAMA) konnte die notwendigen Studien zur Wasserqualität nicht beenden und wird voraussichtlich nie mehr zu einem Ergebnis kommen. Die Wasserqualität des Stausees ist unbekannt, ist unberechenbar. Fakt ist, dass nach den Erfahrungen aus anderen Örtlichkeiten (z.B. Tucurui), dieser See eine Brutstätte der Moskitos und aller Arten von Stechmücken und anderer Überträger von endemischen Krankheiten sein wird. Altamira ist bereits voll von Dengue-Fieber. Was wird aus unserer Stadt?
Das sind meine Bedenken, mein Schmerz, meine Ängste über die Zukunft der Menschen in Altamira, der indigenen Völker und Flussuferbewohner des Xingu. Als Bischof und Pfarrer muss ich meine Leute verteidigen, angetrieben durch die schönen Lehren Christi", wie sie im Evangelium enthalten sind.
Correio Braziliense - 13/05/2010