Brasilianische Bischofskonferenz 

Bischöfliches Seelsorgsteam; 19. Treffen 

Brasilia, 23-25. Februar 2010-03-18 

Wasserkraftwerk Belo Monte 

„Die Schöpfung seufzt unter Geburtsschmerzen“ (Röm.8.22) 


Wir Bischöfe vom  Seelsorgsteams der brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB) versammelten uns in der Zeit vom 23. bis 25. Februar  2010 in Brasilia. In enger Verbindung mit den Bischöfen der zweiten Nordregion der Bischofskonferenz haben wir aufmerksam die  die Maßnahmen verfolgt, die getroffen wurden,  um das Wasserkraftwerk Belo Monte am Laufe des Xingu-Flusses, im Staate Pará, erstehen zu lassen. Wir sind deshalb sehr besorgt, weil uns bestätigt wurde, die IBAMA habe bereits eine einstweilige Verfügung erlassen, sie habe einer Ausschreibung für den Bau und für die Nutzung besagten Wasserkraftwerkes  zugestimmt. 

Mit den Bischöfen von Pará und Amapá, die am 8. Februar ein Schreiben verfasst haben, weisen auch wir darauf hin: auf Grund der Forschungsunterlagen  und der Aussagen von Fachleuten hinsichtlich des Amazonasgebietes, würde sich Folgendes ereignen. 1522 qkm werden zerstört, davon würde eine Fläche von 516 qkm überflutet, 1006 qkm würden wegen des definitiven Wegfalls der großen Xingu-Schleife, austrocknen. Dazu kommt Tausende  Familien der Stadt Altamira, der Küstenbewohner und von indigenen Völkern würden heimatlos. 

Es wäre ja nicht das erste Mal, dass in Brasilien Projekte dieser Art schwerwiegende Konsequenzen nach sich gezogen hätten, sei es für die dort ansässigen Bewohner, sei es für das ganze Ökosystem. Bis heute tragen wir an der sozialen Schuld, unter der die Opfern der Staudämme zu leiden haben. 

Aus heutiger Sicht bleibt das Wasserkraftwerk Belo Monte problematisch. Man muss in Betracht ziehen, bei diesem Vorhaben wurden weder die indigenen Völker, noch die Flußanrainer, noch die Bewohner der  Stadtrandgebiete von Altamira befragt. Sie werden die ersten sein, die von diesem Vorhaben betroffen sein werden. Man hat weder  die  technischen  Überprüfungen, die von Wissenschaftlern eingeholt wurden, zu Rate gezogen, noch hat man die Argumente berücksichtigt, die das Bundes-Innenministerium, vorgebracht hat, geschweige denn, dass man auf die Erwägungen, die seitens sozialer Bewegungen vorgebracht wurden, eingegangen wäre. 

Wir streben in unserem Land eine Entwicklung an, die sich die Achtung vor dem Leben  zur Aufgabe macht, wir wollen eine wirksame Anhörung derer, die von den jeweiligen  Angelegenheiten und von den Entscheidungen  der Projekte betroffen sind, eine Garantie, dass dies ihnen wirklich zu Gute kommt, dass sie keine schwerwiegenden schädlichen Nachteile erleiden müsse, die weder das Leben des Volkes noch die  Umwelt  in Mitleidenschaft ziehen würde. 

Wir missbilligen, dass Regierungsstellen, Behörden und auch Einzelpersonen, die diesem Vorhaben zugestimmt haben uns in der Praxis nicht zur Kenntnis nehmen. Dies ist der Fall in der jetzigen Entwicklungsphase des Wasserkraftwerkes Belo Monte.  Vorhaben, die das Überleben traditioneller Gemeinschaften oder  anderer Bewohner einer Region bedrohen, dürfen nicht unterstützt werden, jene, die die Umwelt  zugrunde richten, missachten oder zerstören.  

Wir unterstreichen, was in der Kampagne der ökumenischen Woche der Brüderlichkeit des Jahres 2010 betont wurde: „ Die Prozesse der wirtschaftlichen Entwicklung müssen eine Rückvergütung  berücksichtigen; es muss zwischen den unterschiedlichen sozialen Teilnehmern einen Machtausgleich geben. . Bei den jeweiligen Entscheidungsgremien müssen alle gehört und berücksichtigt  werden. In diesem Land ist dies nachweislich nicht der Fall. Es ist auch nicht möglich rein passiv zuzuschauen, wenn entscheidende Rechte missachtet werden. (vgl. Basistext nr. 57-58) 

 Angesichts einer so schwerwiegenden  Sachlage wollen wir die Gesellschaft aufrütteln. Wir erwarten, dass die brasilianischen  Behörden die entsprechenden Vorsorgen treffen, damit die Durchführung dieses Projektes solange gestoppt bleibt, bis konkrete Vorschläge erarbeitet sind, bis die betroffene Bevölkerung ihre Gutachten abgeben  kann, bis entsprechende Antworten eingegangen sind, dass man die jeweiligen Überlegungen respektiert. 

Wir möchten auch noch unsere Solidarität mit dem Volke, das um das Überleben  und um ihre Rechte kämpft,  zum Ausdruck bringen, vor allem  auch gegenüber jenen Personen, die wie Bischof Erwin Kräutler nicht müde werden, ihr Leben an der Seite der Armen einzusetzen. Mit dem Psalmisten rufen wir: „Gott der Heerscharen, wende dich uns wieder zu! Blicke vom Himmel herab und sieh auf uns. Sorge für diesen Weinstock und den Garten, den deine Rechte gepflanzt hat.“ (Psalm 80, 15,16) 

Dom Geraldo Lyrio Rocha, Erzbischof von Mariana, Präsident der brasilianischen  Bischofskonferenz; 

Dom José Alberto Moura, CS; Erzbischof von Montes Claros, stellvertretender Präsident der CNBB; 

Dom Limas Lara Barbosa, Weihbischof von Rio de Janeiro, Sekretät der Bischofskonferenz.