Biotreibstoffe -
eine Option mit beschränktem Potenzial
Konkurrierende Nutzungsmöglichkeiten und kontroverse Energiebilanzen
Biotreibstoffe bieten laut Experten keine Patentlösung, und ihr Potezial
ist beschränkt.
Mit einem globalen Produktionsvolumen von gegenwärtig rund
30 Milliarden Litern pro Jahr ist flüssiges Ethanol der verbreitetste Biotreibstoff.
Spitzenreiter bei der Herstellung dieses Alkohols sind Brasilien und die
USA.
Debatte um Energiebilanzen
Gerade in Amerika herrscht Uneinigkeit über den ökologischen Sinn eines teilweisen Ersatzes von Benzin durch Bioethanol. Denn nach Berechnungen David Pimentels von der Cornell University in New York benötigt die Herstellung des Biotreibstoffes deutlich mehr fossile Energie als durch dessen Einsatz eingespart wird. Ersetze man Benzin durch Ethanol, stiegen die CO2- Emissionen daher sogar an, statt dass sie reduziert würden. Hosein Shapouri vom amerikanischen Energiedepartement und Michael Wang vom Argonne National Laboratory in Chicago sehen dies allerdings anders. In mehreren Studien sind sie zum Schluss gekommen, dass die vollständige Energiebilanz für Bioethanol, die alle Schritte vom Rohstoffanbau über die Herstellung des Treibstoffes bis zu dessen Verbrauch berücksichtigt, positiv ausfällt.
Die Internationale Energieagentur (IEA) betont in einem Bericht über Biotreibstoffe aus dem Jahr 2004, dass in den Energiebilanzen je nach den Annahmen beträchtliche Unterschiede entstehen könnten. So ist bei der Bilanzierung zum Beispiel entscheidend, welche Wirkungsgrade und Energieformen dem Herstellungsprozess zugrunde gelegt werden oder wie viel Energie durch die Weiterverwendung anfallender Nebenprodukte zum Beispiel als Tierfutter indirekt eingespart wird. Trotzdem zeigen laut der IEA die meisten Studien der letzten zehn Jahre für Ethanol aus Getreide eine CO2-Reduktion zwischen 20 und 40 Prozent; mit Zuckerrüben kann der Treibhausgasausstoß bis über 50 Prozent und mit Zuckerrohr sogar bis zu rund 90 Prozent gesenkt werden.
Auch Reinhard Madlener vom Centre for Energy Policy and Economics der ETH Zürich sieht eine zentrale Ursache für die differierenden Schlussfolgerungen der einzelnen Studien in der unterschiedlichen Berücksichtigung der Nebenprodukte. Seiner Ansicht nach spielen daneben aber ebenso der verwendete Rohstoff und der Einsatz von Kunstdünger eine wichtige Rolle. Für Samuel Stucki vom Paul-Scherrer-Institut ist überdies die geographische Herkunft der Biomasse, aus der das Ethanol gewonnen wird, für die Energiebilanz mitentscheidend. Aus neueren Studien gehe hervor, dass die CO2-Reduktion auch je nach Ursprung des Pflanzenmaterials sehr gering bis respektabel ausfallen könne. Denn die klimatischen Bedingungen beeinflussten das Pflanzenwachstum und damit die Flächenerträge wesentlich, sagt er.
Vergasung von Biomasse
Mit Zucker, Stärke und Öl wird nur ein geringer Bestandteil der Pflanzen bei der Treibstoffproduktion genutzt. Die Zellulose, aus der sie zur Hauptsache bestehen, kann hingegen mit den gängigen Technologien nicht verwertet werden. Um auch dieses Potenzial zu erschließen, arbeitet die Forschung an Verfahren zur Umwandlung von Zellulose über Zucker in Ethanol. Vor allem der erste Schritt stellt laut Experten allerdings noch eine Herausforderung dar. Wissenschafter haben zwar bereits Systeme entwickelt, die mit Hilfe von Enzymen und Mikroorganismen Zellulose zu Ethanol umsetzen können. Aber die Technologie steckt noch weitgehend im Versuchsstadium.
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