CIMI/IfB 

Indigene Völker in der politischen zerreissprobe

- Eine aktuelle Dokumentation - 

 Manifest der Indigenen Völker 

Wir, Vertreter von 35 Indigenen Völkern bei der Nationalen Konferenz ”Land und Wasser” bekunden unsere Unzufriedenheit mit der indigenen Politik der Regierung von Luiz Inácio Lula da Silva, die sich auszeichnet durch Unterlassung trotz der Gewalt gegen unsere Völker, durch Missachtung unserer Verfassungsrechte und durch fehlendes Interesse an einem Dialog über die Strukturierung einer neuen indigenen Politik. Im Gegenteil! Die Regierung fördert und stärkt die Gründung von Kommissionen, um über Politiken für die indigenen Völker zu diskutieren und nachzudenken. In diesen Gremien sitzen Personen und Autoritäten, die gegen unsere Verfassungsrechte auftreten. 

Unsere Gemeinschaften setzten große Hoffnung in die aktuelle Regierung, die vor ihrer Wahl historische Verpflichtungen in der Verteidigung unserer Rechte, vor allem das Recht auf Demarkierung und Schutz unserer Gebiete, hatte. Seit Jahrzehnten gibt es Beziehungen zur PT und diese setzte sich immer kompromisslos für die indigenen Anliegen ein. Ihre Parlamentarier waren wichtige Verbündete im Nationalkongress und wir glaubten, nach der Wahl von Lula, mit ihnen die gleiche Partnerschaft wie zuvor zu haben, bei der Diskussion und Umsetzung unserer Vorschläge, wie es die Bundesverfassung vorsieht, ganz besonders beim neuen Statut der Indigenen Völker 

Fast zwei Jahre dieser Regierung sind vergangen. Wir fühlen uns verraten. Die Gebiete wurden nicht demarkiert, wie uns im Wahlkampf versprochen wurde. Im Gegenteil! Bei abgeschlossenen Demarkierungen werden Revisionen vorgenommen oder Gebiete verkleinert, wie im Fall des Territoriums Baú der Kayapó im Bundesstaat Pará. Wir fühlen uns verraten. Die Gewalt gegen Vertreter, Gemeinschaften und Völker ist erschreckend angestiegen. In den letzten zwei Jahren wurden 40 Personen ermordet, die meisten bei ihrem Einsatz für Land. Großgrundbesitzer, Schürfer, Bodenspekulanten, Holzunternehmer und Reisproduzenten sind der Ansicht, dass die Regierung kein Interesse hat, indigene Probleme zu lösen. Sie dringen in unsere Gebiete ein, beuten die natürlichen Rohstoffe aus, zerstören unsere Wälder, verschmutzen und vergiften unsere Flüsse und Seen, greifen in die Biodiversität ein, zerstören unsere Kulturen und ermorden unsere Leute. 

   Es gibt unzählige Beispiele für diese Invasionen: Wir weisen in diesem Manifest auf die Invasion von Tausenden Schürfern in das Gebiet des Volkes Cinta Larga in Rondônia im Jahr 2000 hin, die wiederholt bei den Bundesautoritäten zur Kenntnis gebracht wurde. Dennoch traf man keine konkreten Maßnahmen zur endgültigen Lösung der illegalen Invasion und Ausbeutung von Bodenschätzen. Die Folge dieser Unterlassung sind Gewalt zwischen Indios und Schürfern, Zerstörung der Umwelt und Schmuggel von wertvollen Steinen. 

   Die Invasion in das Gebiet Raposa/Serra do Sol in Roraima ist ein weiteres Beispiel. Am 23.11.2004 um sechs Uhr morgens, sind 40 Fazendeiros und Pistoleiros in drei Malocas eingedrungen, steckten Häuser in Brand, zerstörten Felder, schossen auf Personen und verprügelten sie. 

   Die Invasion von Fazendeiros in das Gebiet Marãiwatsedé der Xavante ermöglichte die gewaltsame Vertreibung von ihrem Gebiet, förderte die Ausbreitung von Krankheiten und Kindersterblichkeit. 

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