Bianca Reichel 

Menschenrechte in Brasilien 

 UN-Berichterstatter deckt Schwächen der Justiz auf 

  Die Lage der Menschenrechte in Brasilien ist immer noch heikel. Der Besuch des UN-Sonder-Berichterstatters Leandro Despouy Anfang Oktober 2004 bestätigte die Problematik. Anlass seiner 12-tägigen Reise war eine Untersuchung der Unabhängigkeit der Gerichte und damit verbundenen Verletzungen der Menschenrechte.  

 Die Aufmerksamkeit für den Besuch des UN-Berichterstatters bietet Anlass für einen Überblick über die rechtliche und institutionelle Lage der Menschenrechte in Brasilien und die offensichtlich bestehenden Probleme ihrer Verwirklichung.  

Die Inspektion des UN-Berichterstatters für die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten, Leandro Despouy, folgte auf den Besuch der UN-Referentin Asma Jahangir und ihrer dringenden Bitte einer Prüfung der brasilianischen Justiz. Jahangir hatte Brasilien im September 2003 bereist, um außergerichtliche Tötungsdelikte im Land zu untersuchen und löste mit ihrer starken Kritik an Polizei und Justiz eine heftige Debatte zwischen den Staatsgewalten im Land aus. Vertreter brasilianischer Institutionen, etwa der Präsident des Verfassungsgerichts (Supremo Tribunal Federal), Maurício Corrêa, wehrten die Behauptungen, es existiere eine mangelnde Strafverfolgung und Unabhängigkeit der brasilianischen Justiz, ab. Doch seitens der Regierung wurden die Beurteilung akzeptiert und Mängel bezüglich des Schutzes der Menschenrechte eingestanden. Das Sekretariat für Menschenrechte der Bundesregierung (SEDH) betonte vor dem Besuch von Despouy, dass es sich nicht um eine Inspektion handele. Es würden lediglich die internationalen Abkommen wahrgenommen und über den Menschenrechts-
schutz im Land informiert. Brasilien erhielt innerhalb dieser mit der UNO ratifizierten Abkommen bereits 10 Besuche von Repräsentanten der Organisation, welche das Land zu verschiedenen Fragen bereisten,  so etwa Kinderhandel, Kinderprostitution und –pornografie, Gewalt gegen Frauen, Rassismus und Rassendiskriminierung, Ausländerfeindlichkeit, Rechte auf Entwicklung und Ernährung, Folter und außergerichtliche und willkürliche Tötungen.
 

 Während seines zweiwöchigen Aufenthalts bereiste Leandro Despouy Brasília, São Paulo, Porto Alegre und den Nordosten Brasiliens. Seine Aufgabe bestand darin, ein Profil der Funktionsweise des Justizapparates zu erstellen und sich über Mängel dieser Institution, besonders bezüglich der Umsetzung der Menschenrechte, zu informieren. Despouy wird im März 2005 der UN-Menschenrechtskommission einen Bericht mit den Ergebnissen seines Besuches vorlegen, der auch Empfehlungen an die brasilianische Regierung enthält. 

 Der UN-Berichterstatter traf u.a. die Minister der Justiz, des Sekretariats für Menschenrechte (SEDH), den Sekretär der Justizreform und Vertreter von Nicht-Regierungsorganisationen. Gegenüber der Presse äußerte er, dass seine Beobachtungen die, von UN-Referentin Asmah Jahangir kritisierte, ungenügende Unabhängigkeit der Justiz, v.a. im Landesinneren, bestätigen. Als einen stark besorgniserregenden Faktor der Menschenrechtssituation in Brasilien bezeichnete er außerdem die prekäre Situation von Kindern und Jugendlichen: “Die Zeugen machen deutlich, dass im Norden und Nordosten Brasiliens ein Großteil der Sexualverbrechen gegen Kinder und Jugendliche nicht untersucht wird und in vielen Fällen eine Involvierung der Justizgewalt existiert”. Despouy stellte jedoch auch positive Entwicklungen und Regierungsmaßnahmen fest. So begrüßte er etwa die anstehende Justizreform in verschiedenen Punkten, wie z.B. der externen Kontrolle der Justiz. 

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