Dr. Wilhelm Hofmeister
BRASILIEN SEIT MEHR ALS 100 TAGEN IM BANN DER POLITISCHEN KRISE UND KEIN ENDE IN SICHT
Immer neue Anschuldigungen richten sich gegen die Arbeiterpartei PT und Mitglieder der Regierung von Präsident Lula da Silva, der bisher stets zu spät und zu zaghaft auf die Vorwürfe reagierte. Mehrere parlamentarische Untersuchungsausschüsse bemühen sich um Aufklärung und lähmen das Parlament. Eine politische Reform könnte die Ursachen der aktuellen Krise bekämpfen, doch den Parlamentariern fehlen der Wille und die Autorität dazu. Bis zum Ende der Wahlperiode Ende 2006 ist kaum ein Ende der Krise in Sicht. Die Wiederwahl von Präsident Lula ist fraglich.
Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag hat der brasilianische Fernsehzuschauer die Qual der Wahl. Nicht, welche Seifenoper er einschalten soll, stürzt ihn in Verzweiflung, sondern die Mehrzahl der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse, die parallel tagen und deren Verhandlungen von mehreren Kanälen direkt aus Brasilia übertragen werden: Soll er den Untersuchungsausschuss über die Post einschalten, der Korruption und Veruntreuung in öffentlichen Unternehmen nachgeht und feststellen will, wie die veruntreuten Mittel in Politiker- und Parteikassen flossen? Oder dem Ausschuss, der die Monatszahlungen an Abgeordnete untersucht, die dafür die Regierungsvorlagen im Parlament abnickten? Oder lieber den Bingo-Ausschuss, der illegale Wahlkampfspenden aus dem Glücksspielbereich an die PT aufspüren will und ob der übrigen Ausschüsse fast schon in Vergessenheit geraten wäre, wenn nicht plötzlich vor diesem Tribunal neue Vorwürfe bekannt geworden wären, die sich jetzt erstmals auch gegen Finanzminister Palocci richten. Für welchen Untersuchungsausschuss sich der Fernsehzuschauer auch entscheiden mag - zwei Dinge sind für die meisten Brasilianer mittlerweile offensichtlich:
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