Friedrich Ernst Blanke 

Die "Neue Moderne"
in São Paulo 

- Deutsche Architekten in Brasilien - 

Begründung zum Thema 

Eine große Zahl von Architekten, Baumeistern und Ingenieure sind in den dreißiger und vierziger Jahren nach Brasilien ausgewandert und versuchten dort, ihre berufliche Laufbahn fortzusetzen. Wenn man den wenigen Informationen nachgeht, die in der Literatur zu finden sind und eventuell durch Gespräche weitere Namen findet, ist festzustellen, dass es zu einem schnellen Ende kommt. Das Interesse, welches diesem Thema und besonders den Lebensläufen der Architekten zukam, war nicht nur sehr gering, sondern fast gar nicht vorhanden. Daher ist allein der Name noch keine Garantie für umfangreiche Informationen, sondern der Anfang einer Untersuchung des geschichtlichen Vakuums, welches sich in Brasilien um die deutsch geprägte Architektur gebildet hat. 

Doch sollte man nicht voreilig Rückschlüsse auf die Qualität der Architektur ziehen, da die politischen Hintergründe einen großen Einfluss auf die Ausübung aller akademischen Berufe genommen hat. Nachdem eine erhebliche Anzahl von Handwerkern und akademisch ausgebildeten Ausländern in Brasilien begonnen hatte, Fuß zu fassen, beschloss die Regierung durch das Bundesdekret Nr. 23.569 vom 12. Dezember 1933, den eigenen Fachkräften den Vorrang zu geben. danach war es den zugewanderten Akademikern nicht mehr gestattet, sich frei niederzulassen und ihren Beruf auszuüben. Man verlangte vielmehr die Wiederholung der Diplomprüfung im jeweiligen Beruf. Zusätzlich mussten Fächer wie Landeskunde, Geschichte und Sprache belegt werden. Waren die Prüfungen mit Erfolg abgelegt, konnte man seinem ehemaligen Beruf nachgehen, ohne weitere Einschränkungen zu erfahren. 

Der erste, welcher eine solche Prüfung im Fach Architektur abgelegt hat, war Hans Broos. Obwohl er schon jahrelange Erfahrungen in Deutschland als Architekt und Büroleiter bei dem bekannten Architekten Egon Eiermann hatte, blieb ihm die Examinierung nicht erspart. 

Eine Ausnahme wurde bei den Handwerkern gemacht, die ohne jeden fachlichen Nachweis ihrer Arbeit nachgehen konnten. Nicht einmal Kenntnisse der portugiesischen Sprache oder brasilianischer Landeskunde wurde von ihnen gefordert. Grund hierfür war das Bildungssystem, welches eine Ausbildung wie im deutschen Sinne nicht kannte und auch bis heute nicht fordert. Neue Fachkräfte konnte das Land daher gebrauchen. 

So ist es recht schwer, Namen und Informationen der Baumeister und Architekten zu finden, da diese, sofern sie die erneute Prüfung scheuten, in andere Berufe überwechselten. Die Spur von vielen Architekten mit oder ohne abgelegter Prüfung verliert sich in der Geschichte des Landes. Weder Gebäude noch andere Arbeiten im architektonischen Sinne wurden archiviert oder der Berufswechsel der ehemaligen Architekten notiert. Viele, die weitergebaut haben, sind unbekannt geblieben, da sich ihre Planungen wenig von der brasilianischen Architektur absetzten konnten. Sie mussten sich den Zwängen von Bauordnung und Anpassung unterwerfen. Dies soll aber auf keinen Fall bedeuten, dass die Architekten nicht Besonderes geleistet hätten. Das Interesse an den Planern, welche das Maximum an Bauvolumen schufen, ist nie besonders gross gewesen. Dies hat sich bis in die heutige Zeit nicht geändert, und es gibt daher nur wenige Berühmtheiten unter den diesen. 

Ein weiterer Grund für den Verlust vieler Namen und Informationen fällt auch auf den damals wie heute immer noch mäßigen Gemeinschaftssinn der Deutschen zurück. Im Gespräch mit dem Architekten Hans Broos und Wolfgang Schoedon, beide über 50 Jahre in Brasilien tätig, wurde folgendes gesagt: “Von allen Gemeinschaften ist die der Deutschen die am schlechtesten organisierte hier in São Paulo. Bei zum Beispiel den Italienern sind über die hier lebenden Architekten Informationen in Form von Literatur erhältlich. 1 

Seite 43 bis 65 

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