Dr. Wilhelm Hofmeister 




VORBEREITUNG AUF DIE KOMMUNALWAHLEN IN BRASILIEN 

In Brasilien finden am 03. Oktober landesweit Kommunalwahlen statt. Gewählt werden die Bürgermeister und Ratsmitglieder in den 5.561 Gemeinden des Landes. Am 30. Juni endete die Frist für die Nominierung und Einschreibung der Kandidaten und die Formalisierung der Wahlbündnisse zwischen den verschiedenen Parteien. Damit hat nun ein intensiver Wahlkampf begonnen. Während die Regierung von Präsident Lula da Silva in den Kommunalwahlen eine Bestätigung sucht, hofft die Opposition auf ein Verdikt der Bundesregierung. Auf jeden Fall wird das Ergebnis der Kommunalwahlen Aufschluss geben über die Einschätzung der Regierung durch die Bevölkerung und sie wird eine wichtige Weichenstellung auf dem Weg zu den nächsten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen des Jahres 2006 sein. 

Weniger Stadt- und Gemeinderäte 

Eine der wichtigsten Entscheidungen im Hinblick auf die Kommunalwahlen ist bereits vor Wochen gefallen und wurde vor kurzem vom Parlament bestätigt: das Oberste Wahlgericht (Tribunal Superior Eleitoral, STE) hatte eine Verringerung der Ratsmandate in den Stadt- und Gemeindeparlamenten um 14,1% von 60.276 auf 51.748 Ratsmitglieder entschieden. Nach Meinung des TSE soll es ein Ratsmandat pro 47.619 Einwohner geben. In Gemeinden mit geringerer Einwohnerzahl wurde die Zahl der Ratsmitglieder auf 9 limitiert; die Höchstzahl der Ratsmitglieder pro Kommune wurde auf 55 festgelegt. Das bedeutet, dass in einer Reihe von Kommunen Ratsmandate wegfallen. Betroffen sind von dieser Entscheidung sowohl viele kleine Gemeinden, vor allem im Nordosten mit relativ vielen Mandaten, aber auch São Paulo, wo sich die Zahl der Ratsmitglieder von 72 auf 55 verringert. In Rio de Janeiro dagegen erhöht sich die Zahl der Mandate von bisher nur 40 auf 55. In diesen beiden Gemeinden gibt es nun ein Mandat pro 200.000 bzw. 100.000 Einwohner. 

Anlass für die Entscheidung des Wahlgerichts waren vor allem die hohen Kosten der Kommunalparlamente und insbesondere die Aufwendungen für die Ratsmitglieder. Zudem erlaubt die Verfassung Brasiliens in einem relativ einfachen Verfahren die Abspaltung von Stadt- oder Gemeindeteilen und die Neugründung von Kommunen. In den vergangenen Jahren war es tatsächlich wiederholt zu Gemeindeneugründungen gekommen. Solche neuen Gemeinden sind zwar häufig kaum aus eigener Kraft überlebensfähig, doch haben sie Anrecht auf Schlüsselzuweisungen – vor allem aber erschließen sich die Initiatoren solcher Neugründungen als Bürgermeister und Ratsmitglieder neue persönliche Einnahmequellen. Neben anderen Entscheidungen der letzten Jahre, die Gemeinde-Neugründungen verhindern sollten, zielte die jetzige Entscheidung des Wahlgerichts u.a. auch auf eine Eindämmung der Spaltungstendenzen. 







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