5. Die Gouverneurs- und Landtagswahlen 

Brasilien ist eine “föderative Republik” und die Bundesländer haben hier einen sehr großen Einfluss auf die nationale Politik. Zwar ist die formale Mitwirkung der Bundesländer am Entscheidungsprozess des Bundes nicht sehr transparent geregelt, doch die Parteien und die Politiker haben ihre Machtbasis in den Ländern; sie stützen ihre Legitimität und ihre Wahlchancen ganz wesentlich auf regionale Faktoren und müssen daher stets regionale Interessen berücksichtigen. Die Gouverneure üben im Senat und Abgeordnetenhaus über die Parteien einen großen Einfluss auf die nationale Politik aus. Für jeden Präsidenten ist es daher sehr wichtig, neben einer breiten Basis in den beiden Kammern des Nationalen Kongresses auch über eine möglichst breite Basis in den Bundesstaaten zu verfügen. 

Am 1. Oktober wurden bereits 18 der 27 Gouverneure im ersten Wahlgang gewählt. Am 29. Oktober findet zusammen mit der Stichwahl für den Präsidenten auch in den übrigen neun Bundesstaaten der zweite Wahlgang für das Amt des Gouverneurs statt. 

Wie im Parlament haben sich die brasilianischen Wähler auch bei den Gouverneurs- und Landtagswahlen nicht für eine eindeutige Mehrheit entschieden, sondern dafür, dass die politischen Lager verhandeln und Kompromisse schließen müssen. 

Bei den Gouverneurswahlen ergab sich eine angenehme Überraschung für die PT. Nicht nur konnte die Partei vier Gouverneursposten im ersten Wahlgang gewinnen und wird damit sogar gegenüber den Wahlen von 2002 in einem Bundesland mehr regieren. Von großer Bedeutung ist ihr Überraschungserfolg in Bahía, wo der PT-Kandidat Jacques Wagner bereits im ersten Wahlgang zum Gouverneur gewählt wurden. Damit neigt sich in in diesem Bundesstaat die politische Macht von Antonio Carlos Magalhães ihrem Ende entgegen, der Bahía praktisch jahrzehntelang wie ein autoritärer Duodezfürst regiert hatte. Auch das Senatsmandat in Bahía ging an den dortigen Oppositionskandiaten von der PDT. 

In São Paulo ist der bisherige Bürgermeister und Präsidentschaftskandidat vor vier Jahren José Serra im ersten Wahlgang mit 57,9 % der Stimmen zum Gouverneur gewählt worden. Die PSDB hat damit erneut das wichtigste Bundesland gewonnen und mit seinem Erfolg ist Serra einer der wichtigsten Anwärter für die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten bei den Wahlen 2010. 

In Rio de Janeiro gab es noch keine Entscheidung bei den Gouverneurswahlen. Sergio Cabral (PMDB) war zwar viele Wochen in den Umfragen als sicherer Wahlsieger im ersten Durchgang gehandelt worden, verlor zuletzt jedoch an Unterstützung und erreichte nur 41,4%. Er wurde von dem Ehepaar Anthony und Rosinha Garotinho unterstützt, die beide das Bundesland in den letzten acht Jahren nacheinander in populistischer Manier mehr schlecht als recht regierten. Gegenkandidatin von Cabral ist die Richterin und Abgeordnete Denise Frozard (23,7 %), die vom Bürgermeister von Rio de Janeiro, César Maia (PFL) unterstützt wird. Mit der Nominierung von Frozard hatte Maia eine Koalition mit der PSDB hintertrieben, so dass Rio de Janeiro einer der wenigen Bundesstaaten war, wo es keine Koalition zwischen PFL und PSDB gab. Nun aber ist eine breite Koalition zugunsten von Frozard zu erwarten. 








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