Wilhelm Hofmeister 





KOMMUNALWAHLEN
2004 

 I. Wahlgang:  Viele Gewinner 

Ohne größere Überraschungen endete die erste Runde der Kommunalwahlen in Brasilien am 03. Oktober. Eindeutiger Sieger ist die regierende Arbeiterpartei (PT) von Präsident Lula da Silva, die schon im ersten Wahlgang die Zahl ihrer Bürgermeister verdoppelt hat. Gewonnen hat aber auch die wichtigste Oppositionspartei PSDB, die nicht nur eine beachtliche Zahl an Bürgermeisterämtern erreichte, sondern deren Vorsitzender José Serra in São Paulo einen deutlichen Vorsprung vor der regierenden PT-Bürgermeisterin erzielte und deshalb mit günstigen Aussichten in die Stichwahl am 31. Oktober gehen konnte. Da die Kommunalwahlen vor allem durch lokale Themen beherrscht wurden, können sie nicht als Richtungsentscheidung oder gar Plebiszit für oder gegen die nationale Regierung gewertet werden. 

 Wahlberechtigt waren am Sonntag 119.820.376 Brasilianer. Aufgrund der bestehenden Wahlpflicht ist die Beteiligung stets sehr hoch, auch wenn noch keine genauen Zahlen vorliegen.
In den 5.562 Gemeinden des Landes gab es 15.781 Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters. Um die 51.802 Ratsplätze bewarben sich 346.373 Kandidaten. 

 Wie bereits in den Jahren 2000 und 2002 wählten die Brasilianer an elektronischen Wahlurnen. Jeder Wähler musste eine Nummer eingeben, die den Kandidaten zugeordnet waren; für jeden Bürgermeisterkandidaten eine zweistellige Nummer, die zugleich eine Listenstimme für die Partei waren; jeder Ratskandidat hatte eine fünfstellige Ziffer. Da jeder Kandidat seine spezifische Ziffer dem Wähler einprägen wollte, dominierten auf den Wahlplakaten und in der TV-Werbung die Nummern. Jeder Kandidat empfahl, sich die Nummer zu merken und mit in die Wahlkabine zu nehmen, um diese dann auf dem Wahlcomputer einzugeben. 

 Die landesweite Vernetzung der Wahlcomputer und die elektronische Abstimmung machten es möglich, dass bereits um Mitternacht des 3. Oktober das Ergebnis für alle Städte und Gemeinden des Landes nahezu komplett vorlag. Angesichts der kontinentalen Ausmaße Brasiliens, der Rückständigkeit und Abgeschlossenheit mancher Regionen und der Zahl der Wähler eine bemerkenswerte Leistung. Wie bei den vorangegegangenen elektronischen Wahlen gab es auch diesmal kaum Reklamationen wegen angeblichen Wahlbetrugs oder anderer Probleme. 

 Die brasilianische Wahlgesetzgebung läßt einen langen Wahlkampf zu. So begann bereits Anfang Juli der Straßen- und vor allem auch der Fernsehwahlkampf. Den Parteien und Kandidaten standen, je nach Koalition und bisheriger Größe zur besten Sendezeit täglich zweimal ein halbe Stunde kostenloser Fernseh- und Radiowerbung zu. Fernsehzuschauer und Radihörer standen deshalb seit Juli unter „Dauerbeschuss“. Nimmt man noch die Fernsehdebatten und die wahlkampfbegleitende Berichterstattung hinzu, ist davon auszugehen, dass ein Großteil der Bevölkerung recht intensiv auf die Wahlen vorbereitet war. Seite 71 - 76 

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